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Klettersteigrunde im Rosengarten - Laurins Königreich aus Stein

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Masaré Klettersteig und Rotwand Klettersteig – ein Tag im Rosengarten


Dass der Rosengarten seinen Namen wegen der Laurinsage trägt, ist bekannt, doch ob das wirklich zutrifft und ob die Rosen im Rosengarten immer noch blühen, das erzählen wir euch gerne.




Namensherkunft „Rosengarten“

Rosengarten ist wohl ein sehr wenig alpin anmutender Name für eine Gebirgsgruppe (und ihren zweithöchsten Berg), doch seit 1497 taucht die Bezeichnung Rosengarten auf. Der Name ist aber wohl doch nicht vom Garten voller Rosen abgeleitet, wie die Laurinsage uns glauben lässt, noch von den feuerrot glühenden Felsen in der Abenddämmerung, wohl vermuten Sprachforscher, dass der Name Rosengarten sich von „ruza“ ableitet, was so viel wie Geröllhalde heißt.

Laurin oh Laurin... da hast du wohl ordentlich Mist gebaut...


Viel schöner gefällt uns dennoch die Sage, auch wenn sie für Laurin nicht unbedingt ein schönes Ende hat.
Laurin der Zwergenkönig, der ja wie wir schon von den Nibelungen wissen, im Besitz der Tarnkappe ist, schleicht sich zur im Geheimen zur Hochzeit der schönen Simhilde, der Tochter des Königs an der Etsch. Und wie es anders sein soll, verliebt sich der Zwergenkönig in die schöne Frau. Er entführt sie daraufhin in seinen Rosengarten, das „Gartl“ zwischen Rosengartenspitze, Laurinswand und en Vajolet Türmen.

Natürlich soll Simhilde von den ihrigen zurückgeholt werden, also stehen Dietrich von Bergn und Hildebrand bald vor dem Rosengarten. Selbst mit seinem Zaubergürtel, der ihm die Kraft von zwölf Männern verleiht hat Laurin keine Chance. Er glaubt mit seiner Tarnkappe unsichtbar zu sein, doch die Rosen im Rosengarten zeigten bei jeder Berührung seine Bewegungen an und die Ritter können ihn so entdecken. Er verliert und wird gefangen.

Bevor er weggeführt wird, dreht Laurin sich um und verflucht seinen verräterischen Rosengarten. Nie wieder soll ihn jemand sehen! Weder bei Tag, noch bei Nacht! Doch ein Detail hat Laurin vergessen. Die Dämmerung verrät die Wahrheit und so kann man die Rosen im Schein der untergehenden Sonne immer noch blühen sehen.




Der schönste Steig der Dolomiten? Masare und Rotwand Klettersteig

Den Rosengarten sollten wir heute nicht blühen sehen, dafür dürfen wir aber zwei wunderschöne klassische Klettersteige in den Dolomiten gehen.
Haxen müssen wir uns ja echt am Ende unseren Urlaubs keinen mehr ausreissen, es war alles gesamt schon anstrengend genug. Doch so ein kleiner Klettersteig kann ja nicht schaden, vor allem weil es ja doch eine kurze Runde ist. Normalerweise mögen wir ja Klettersteige gar nicht sooo sehr, doch eines muss man ehrlich sagen: Sie sind planungsunaufwändig (im Vergleich zu Klettertouren) und gehen auch mal eher spontan. Und vor allem die Dolomitensteige sind eine Reise wert, da sie doch mit den "zugebohrten" Sportklettersteigen in unserer Gegend so gar nix gemein haben. Da geht's um Entschleunigen und Landschaft tanken - genau das, was unser gestresstes Gemüt gerade braucht!

Der Masaré Klettersteig rühmt sich zudem, einer der schönsten Steige in den Dolomiten zu sein,auch wenn es scheint, als ob dies von jedem Steig behauptet würde. Korrekt ist es dennoch irgendwie, denn durch dieses gigantische Panorama sind die Steige in der Tat alle wunderschön.

Die Steigführung sucht den Weg des geringsten Widerstands und ist dadurch immer relativ einfach. Mehr als die Schwierigkeit C wird hier nicht erreicht. In Verbindung mit der Rotwand und ihrem Rotwandklettersteig ergibt sich eine schöne und abwechslungsreiche Runde, die man in relativ kurzer Zeit durchsteigen kann.

Wer im Stress ist oder einfach ein bisserl gemütlicher unterwegs ist, der fährt mit dem Lift hoch. Wir starten natürlich vom Karerpass, denn Liftfahren mögen wir so gar nicht. Ausserdem kommt  man so an einer idyllischen Alm vorbei. Frische Buttermilch, sag ich nur...

Wir steigen also vom Karer Pass über nettes Almgelände zur Rotwandhütte auf, beginnen mit dem Masare Klettersteig. Vom Ende des Masare Klettersteigs steigen wir zur Scharte auf, wo eine kurze B/C Stelle uns vom Fensterlturm nach unten bringt (hier wäre auch ein Notausstieg). Von der Scharte weg geht es wieder aufwärts und der Abstieg erfolgt über den versicherten Rotwand-Steig (A/B).

Vom Vajolonpass geht’s nun wieder abwärts zur Bergstation des Rotwandsesselliftes, wo wir uns noch ein Bierchen gönnen und dann entlang der Skipiste hinuntersausen. Einmal müssen wir wieder nach links queren und dann stehen wir schon wieder beim Karerpass.



FACTS:
Masaré Klettersteig: C Topo HIER
Rotwand Klettersteig: A/B Topo HIER
Distanz ab Karerpass: 10km
Höhenunterschied ab Karerpass: 900hm

GPS:

Gran Encantat (2747m) - Motivationssuche im Parque Aigüestortes y Lago de San Mauricio

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Die Encantados (catalan "encantats") - zu deutsch "Die Verzauberten" liegen im Nationalpark Aigüestortes, der völlig zu unrecht etwas weniger bekannt ist, als seine berühmten Nachbarn Ordesa und Maledeta.

Stolpersteine am Weg zur Verzauberung

Encantado kann ebenfalls mit "erfreut"übersetzt werden, erfreut hat mich die Bergtour an diesem Tag eigentlich weniger. Nicht weil sie nicht schön wäre. Nicht weil sie nicht einsam wäre. Irgendwie war an diesem Tag alles gegen uns. Inklusive meiner eigenen Stimmung. Nach einer eisigen Zeltnacht, die dank unserer Flauschi-Schlafsäcke sich aber wohlig gestaltet hat, sind wir mit einem komplett nassen Zelt aufgewacht. Denn Spanien ist entgegen der Erwartung aller, denen wir davon erzählen, zu dieser Jahreszeit und in dieser Gegend das Gegenteil von warm. Und schon gar nicht trocken. Nachdem wir also das waschelnasse Zelt verstaut haben (Memo: Zeltabbau vor der Bergtour ist stressig) sind wir losgedüst.

Auf nach Espot zum Parkeingang - Start mit Hindernissen

Zuerst sind wir mal auf den großen Parkplatz am Ortseingang gefahren und haben geparkt. Im Reiseführer steht ja wieder nicht beschrieben, dass man mit dem eigenen Auto auch noch weiter in den Park hineinfahren kann, bis dann vor dem Parkplatz weiter oben endgültig Schluss ist. Der Reiseführer geht davon aus, dass man Gehfaul ist und das Taxi benutzt.

Der Parkplatz unten im Ort ist also nur für die Touristen, die mit dem Jeep gegen bare Münze bis ganz nach drinnen, direkt zum Lago de San Mauricio kutschiert werden wollen. Das wollen wir natürlich nicht. Erstens: dann müssten wir auch wieder mit dem Auto herausfahren und Zweitenswollen wir diese Art des "Naturschutzes" nicht unterstützen. Entweder Autoverbot oder gar nicht! Denn Touris zu verbieten, mit dem eigenen Auto in den Park zu fahren, dann aber selbst mit uralten Benzinschleudern im Minutentakt Touristen hinein zu kutschieren, hat mit Naturschutz weniger zu tun, viel mehr mit Abzocke.
Wenns wenigstens Shuttlebusse wären, aber nein, es sind Jeeps, die auch nicht mehr Insassen fassen als unser Mietwagen. Eine Flotte von ca. 20 Jeeps wartet schon im Ort und wird den ganzen Tag ununterbrochen im Einsatz sein.

Wir gelangen also nach einer halben Stunde herumirren und Informationsbeschaffung (Info Point: Fehlanzeige) wieder retour zum Auto und kutschieren zum weiter beim Parkeingang gelegenen Parkplatz. Dort erhalten wir dann auch wirklich eine Info und eine mässig zu gebrauchende Karte, die wir umgehend in der Rundablage entsorgen.
Naja, wir sind ja selber schuld, hätten wir mal ordentlich auf die Karte geschaut, anstatt gleich loszulaufen. Wir hätten wissen müssen, dass man in Spanien keine Informationen erhält (das scheint sich irgendwie durchzuziehen und erklärt, warum das mit dem Tourismus nicht überall so wirklich klappen will).

Schöner Wanderweg zum Estancy de San Mauricio

Dann starten wir den Fußmarsch hinauf zum Lago de San Mauricio. Der Weg ist an sich ganz nett zu gehen, auch mit Familie gut geeignet, wir überholen auch ein paar Eltern mit Rückentrage. Alles keine Hexerei. Und dann stehen wir am Lago de San Mauricio. Wirklich schön und idyllisch, nur leider zieht der Gran Encantado eine Wolke an. Und generell schiebt sich eine Wolkenfront auf uns zu, die mich persönlich absolut nicht interessiert. In den Pyrenäen im bröseligen IIer Gelände herumeiern, ohne Sicht? Nein danke!


Wir beschließen also: Frühstück am See. Genüßlich wird gespeist und die Idylle genossen, bis die Schulklassen des Grauens auftauchen. Spanische Teenager sind noch anstrengender als pubertierende ÖsterreicherInnen, auch der Lautstärkepegel ist dementsprechend hoch, da offenbar eine gesamte Oberstufenschule hier zusammenkommt.
Wir ergreifen regelrecht die Flucht. 50 Kids zwischen 14-18 sind ja so gar nicht unser Ding und wir nehmen Reißaus! So schnell hat hier wohl noch nie jemand seine Jause eingepackt. Doch zwischen Geschrei, lautem MP3 Gedudel, Handyselfies und schimpfenden Lehreren, lässt sich Idylle nicht mehr so gut leben. Ein bisschen beleidigt bin ich aber doch, ich hätte so gerne ein bisserl die Seele baumeln lassen. Nur was nun?
Es gäbe noch ein paar feine Seen, weiter höher gelegen, die wir ansteuern, doch ich merke sehr schnell: Philip verdreht sich schon förmlich den Hals, beim Rückblick auf den Encantado. Warum der Berg es ihm so angetan hat, werde ich nicht verstehen, aber irgendetwas Magisches scheint ihn hier anzuziehen...


Magie aus Stein

Natürlich steckt eine Sage hinter den "Verzauberten". Zwei Jäger sind hier zu Stein verwandelt worden, weil sie die Wallfahrer, die sich auf einer Pilgerfahrt zur  Eremitage befanden, verspottet haben sollen.
Die Gran Encantants sind sehr begehrt, der große wird weit häufiger bestiegen als der kleine Encantant, der doch mit einer höheren Schwierigkeit aufwartet. Auch im Winter sind die Encantants ein beliebtes Ziel, gibt es doch eine schöne 50° Rinne zu besteigen.

Faulenzen oder Bergsteigen? Versöhnung am Gipfel...

Aber da sind wir ja noch immer unten zwischen den Seen und im Geiste habe ich den Encantant schon abgehakt, will ich doch eh viel lieber idyllische Seefotos machen, oder warum schleppe ich die blöde Kamera eigentlich die ganze Zeit mit mir herum? Das Wetter sieht auch mässig einladend aus...  hach... wir machen uns weiter auf den Weg in Richtung Estancy de Ratera. Philip zerreisst sich förmlich das Genick, vor lauter Umdrehen. Die Encantados sehen doch zu verzaubert aus...
Kurzes hin und her später machen wir uns wieder auf den Weg hinunter zur Abzweigung, die uns in weglosem IIer Gelände über die Via Normal auf den Gran Encantado bringen soll.
Zuerst an der Hütte Enest Mallfré vorbei, führt unser Weg, stehts mit Steinmännern markiert in einem Rechtsbogen an den Encantats vorbei.

Sobald man eine schottrige Rinne zu seiner Linken erblickt, ist man Richtig. Der Weg ist durchgehend mit Steinmännern markiert und auch gut ausgetreten. Auf der OSM Karte ist er sogar eingezeichnet.





Ausblick vom Gipfel



Im oberen Bereich sind dann doch sehr ausgesetzte Passagen im IIten Grad zu klettern, hier heißt es zupacken. Es gibt aber auch einen Abseilstand am Gipfel, für all jene, die sich mit dem Abklettern schwer tun.
Wir sind abwechselnd von Sonne und Nebel umgeben, mal scheint es aufzulockern, mal scheint das Wetter sich zu verschlechtern. Mein Gefühl war diesem Berg von vornehinein negativ eingestellt, das hat sich bis zum Gipfel dann endlich gelegt. Das Klettern war eine Freude, der Fels etwas bröselig, aber in Ordnung.
Als scheint der Gipfel mich noch einmal verhöhnen zu wollen, verhüllt er uns auf seiner Spitze mit Nebelschwaden, erst in der Scharte unten beim Abstieg reißt es wieder auf, als wolle er mir sagen: "Du hast mir nicht getraut, aber sieh nur, wie schön es hier oben bei mir sein könnte!".


Ja, schön kann es sein, im Aigüestortes, dem Wunderland aus tausenden Seen und einsamen 3000ern. Sobald man sich vom Hauptweg und der Masse entfernt, offenbart sich ein einsames Paradies.

FACTS:
Start beim Parkplatz in Espot
Ziel. Gran Encantant (2747m)
Höhenunterschied: ca 1050hm
Distanz: ca. 14km

GPS:



Wann beginnt eigentlich ein Abenteuer? - Kopftörlgrat (IV-) am Wilden Kaiser

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Wilder Kaiser - Ein Garant für Abenteuer?

Der Kopftörlgrat ist mir unlängst spontan in den Kopf gekommen. Auf der Liste stand er schon lange, aber als wir nach der Route Zeitgeist am Ulrichshorn standen und in den Wilden Kaiser blickten, da ist aus mir herausgeschossen: "Kaiser wär wieder mal fein. Kopftörlgrat?". Philip zögert bei alpinen Abenteuern bekannterweise weniger, doch was definiert eigentlich ein Abenteuer? Auf dem Weg zum Ellmauer Halt, habe ich darüber nachgedacht, vielleicht wollt ihr mir beim Lesen etwas über den Kopftörlgrat folgen.

Philip hat sich den Kopftörlgrat wesentlich leichter vorgestellt, hat er mir gesagt. Ja, man stellt sich so einen schmalen Grat vor, Schwierigkeit IV- (III+ in alten Beschreibungen), wo soll man da schon groß Probleme finden? Am Grat kannst ja eh net aus, das sollte selbst im Kaiser nicht zu schwer sein.
Aber mit dem Kaiser ist nicht zu spassen, das mussten viele schon leidvoll feststellen und so kann aus der vermeintlich leichten Klettertour ganz schnell ein Abenteuer werden

Doch was definiert ein Abenteuer?

Der Duden definiert Abeneuer wie folgt:
- mit einem außergewöhnlichen, erregenden Geschehen verbundene gefahrvolle Situation, die jemand zu bestehen hat- außergewöhnliches, erregendes Erlebnis- (auch abwertend) riskantes Unternehmen
Als Abenteuer waren seit je her schon Erlebnisse definiert, die sich vom Alltag unterscheiden.

Und genauso  individuell ist auch das Empfinden, was für einen persönlich ein Abenteuer 
darstellt. 
Es hängt ja laut Definition damit zusammen dass es außergewöhnlich sein muss. Wenn ich also täglich einen Berglauf mache, dann wird ein normale Wanderung wohl kaum ein Abenteuer darstellen. Wenn ich allerdings nie in den Bergen bin und Höhenangst habe, ist eine ausgesetzte Wanderung sehr wohl ein Abenteuer.

Für ein Abenteuer muss man raus aus seiner Komfortzone, nicht weit, aber ein bisschen. Denn viel komfortabler wäre es ja, zuhause zu bleiben, wo man sicher ist. Denn der Ausgang des Abenteuers ist ungewiss. Man muss sich darauf einlassen, akzeptieren, dass es ein ungewisses Wagnis und eine Herausforderung ist.
Für die einen ist es eine Wanderung auf ausgesetzten Steigen, für andere die Kletterroute im vierten Grat, für andere eine 10+ Free Solo, für andere eine alpine Unternehmung im Himalaya.
Wir müssen unsere Abenteuer unserem Können und unseren Bedürfnissen anpassen, sonst ist der Spass sehr schnell vorbei und das Abenteuer war unser Letztes.

Der Kopftörlgrat

Abenteuer sind immer so eine Gratwanderung... manchmal tauchen sie einfach aus dem Nichts auf...

Da stehen wir jetzt also am Kopftörl und ahnen noch nichts von unserem Abenteuer.
Einstieg: da ist er ja. Ausgeprägtes Steigerl. Gefunden. Wir gehen weiter. Und dann verlieren sich die Spuren. Das Steigerl geht zwar weiter, aber sollten wir nicht mal hoch zum Grat? Topo lesen bringt auch nix. Haben wir uns zu wenig vorbereitet? Sind wir aus der Übung?
Ganz klar sind wir aus der Übung, sind wir doch dieses Jahr noch wenig geklettert, doch so schwer kann das nicht sein. Wir suchen, auf und ab und auf und ab. Da gehts nicht weiter. Das macht keinen Sinn. Mein Gefühl sagt kurz: Folge dem blöden Steig. Dann doch wieder: Aber wir sollten doch irgendwie am Grat klettern. Der Kopf ist heute nicht so ganz da. Wir sind eingerostet. Irgendwann finden wir dann hinauf auf die Scharte. Das macht Sinn. Weiter gehts. Philip steigt hoch. Der Fels sieht abgeschmiert aus, ja da gehts weiter.
Oder?
Dann fängt sich mein Blick in einer Schlinge. Ha! Eine Schlinge. Here we go! Route gefunden. Aber wir haben Stunden unserer wertvolle Zeit verplempert. Die Zeit tickt, ich erkenne nun die Größe des Unternehmens. Was, wenn wir nochmal irgendwo so lange herumsuchen? Ich bin nicht fit. Mental. Klettern könnt ich das sicher frei, vor allem mit den Kletterpatscherln, doch der Kopf... der Kopf ist wie immer der schwächste Muskel und der vorsieht "wir werden einiges sichern müssen, das kostet Zeit". Und mit der Zeit die verrinnt, steigt das Adrenalin.
Wir haben keine Stirnlampen mit, was wenn...

Ein Prise Optimismus gehört dazu. Scheitern ist keine Option.

Nein aber, normal sind wir recht flott. 3+... das wird schon zügig gehen. Die 3er Stellen am laufenden Seil, vorrausgesetzt wir verlieren die Route nicht wieder. Philip ist optimistisch. Das schaffen wir.
Also los!
Turm 2 zack! Turm 3, abgehakt. Vor uns liegt Turm Nr. 4.
Wir laufen auf eine Seilschaft auf, die wir vor unserem Verhauer noch auf Turm 3 herumwerkeln gesehen haben. Sollten die nicht schon viel weiter sein?
Wir stehen am Stand und quatschen mit dem Herren aus dem Schwabenländle. Die Erkenntnis, dass wir bei Turm 4 ansteigen, und nicht bei Turm 6 wirft ihn kurz mal aus der Bahn.

Dann tauchen hinter uns zwei Sologänger aus. Mit Laufschuhen. Locker flockig ziehen sie vorbei an uns und ich komme mir plötzlich absolut dämlich vor. Stellen wir uns nur extrem blöde an heute? Was scheissen wir hier mit dem Seil rum und sichern diese Babykletterei? Ich hab dazu noch Kletterschuhe an, wie schwer kann das denn sein? Es ist doch nur 'ne 3! Stell dich nicht so an Mädel, pack ein das Seil und los! Früher ging das doch auch? Ist das überhaupt sinnvoll was wir hier treiben oder sollten wir einfach auf der Couch zuhause bleiben, anstatt uns hier zum Affen zu machen? Führen wir uns hier auf, wie die die ersten Menschen? Und ich red' noch groß von Abenteuer hier herum... lachhaft...
Allerdings haben wir auch gerade zwei Seilschaften eingeholt, so schlecht können wir jetzt gerade auch nicht unterwegs sein. Warum sollte man sich nicht sichern, wenn man sich danach fühlt? Schmälert das die Leistung oder gar das "Abenteuer"?

Heh! Moment mal, das ist unser Abenteuer! Das machen wir, wie's uns passt!

Der Schwabe neben uns am Stand ist vom flockig locker leichten Kletterschritt der zwei Solisten sichtlich noch erschütterter als wir, doch dann entschwindet er gemächlich unserem Blick und Philip steigt ihm rasch hinterher. Ich folge auch gleich und oben checken wir die Uhr. 16.00. Heilige Scheisse, wo ist nur die verfluchte Zeit hin?
Adrenalin steigt weiter. Los, nur da rüber zum Gipfel und dann im Laufschritt ab nach unten zum Auto. Mein Kopf flüstert: "Keine Stirnlampe, Dani, keine Stirnlampe. Gebt Gas!".
Die Frage der zwei deutschen Seilschaften nach dem Notausstieg kommt auf. Wir erklären, sie sollen den roten Punkten folgen. "Ihr geht weiter?". Wir blicken nach vorne. Der Sonnenstand wirft lange Schatten. Sehr lange Schatten. Ja. Ja, das geht sich noch aus.

Wir müssen nur noch auf Turm 5 und 6, es sind nur mehr wenige Seillängen. Jetzt macht doch endlich Tempo, sagt die Kopfstimme leise.
Und dann stehen wir vor einer kleinen Scharte, in die man abklettern muss. Ausgesetzt. Geleck. Eh nur eine III-. Na dann auf gehts! Sind wir richtig? Ach ja, da ist ein Haken. Philip klettert los.
Nachsteiger sind beim Abstieg übrigens ziemlich im Nachsehen, fällt mir beim Aushängen der letzten Exe noch ein, ein bisserl ähnlich wie bei Querungen...  na egal, reinfallen ist eh keine Option... Konzentration ist da, Motivation auch.

Adrenalin hat mich schon immer sehr gut motiviert. In meinem Kopf tickt die Uhr und sichern kostet Zeit. Also weiter. Hopp Hopp. Philip ist, so glaube ich zu spüren, ein bisserl angenervt von meiner Stresserei. Er nimmt meine Nervosität auf, doch mich lässt Stress meist konzentrierter werden, bei ihm steigt zwar auch der Druck, aber er ist dennoch deutlich relaxter als ich.
 
Hat der keinen Stress? Keine Stirnlampe: Hallooooo?! Hab keine Lust im Dunklen runter zu laufen! Oder noch schlimmer, in der Hütte neben dem Gipfel biwakieren zu müssen. Brr...
Ich nehme das lästige Seil auf und scheuche ihn weiter. Rauf auf die nächste Stelle auf den Turm Nr. 5. Zuerst leicht, dann kommt eine 3+ Stelle. Wobei, wenn ich mir das Topo jetzt rückwirkend so ansehe, glaube ich waren wir da in eher in der Variante weiter links. Aber das sagen wir dem Philip jetzt mal lieber nicht.

(Nachträgliche Anmerkung von Philip:
Ich war zu dem Zeitpunkt hier sch...ß-nervös, aber ich versuch das immer ein bisschen zu verstecken - denn den Kletterpartner damit anzustecken bringt in der Situation wenig. Ich hatte zu dem Zeitpunkt zwar weniger Bedenken, dass wir die Tour nicht mehr schaffen, denn eigentlich stand nur noch der 5. Turm zwingend bevor; den Kamin am 6. könnte man ja umgehen. Allerdings spürte ich umso mehr, wie erschöpft wir beide schon waren - und ein Flüchtigkeitsfehler, ein kurzer unsicherer Schritt kann bei einer alpinen Kletterei mit sehr spärlicher Absicherung, wenn überhaupt, sehr schnell fatal sein...)



Die Uhr in meinem Kopf beflügelt mich. Normal hunze ich ja ganz gerne herum, wenn ich Zeit habe, überlege viel zu lange bei manchen Kletterstellen. Aber bei genügend Stress setzt offenbar mein Denken aus. Oder setzt die Angst aus? Offenbar übertüncht die Angst, dass uns die Zeit davon rennt einfach die andere Angst, nicht stürzten zu wollen: Angst im Kampf gegen Angst quasi. Die "gute" Angst gewinnt den Kampf und lässt mich förmlich den Grat hinauffliegen. Und dann sehe ich Philip am Stand neben dem sechsten Turm und das Gipfelkreuz des Ellmauer Halt lacht uns von nicht mehr allzuweiter Ferne an.


Und da ist mir klar: Der Grat ist geschafft! Die Schlüsselstelle, der Kamin auf den Gipfel ist locker noch drin, und wenn nicht, kann man ihn umgehen. Ab jetzt ist alles easy. Bis zur Hütte geht sich das alles loooocker noch aus, selbst wenn wir jetzt noch eine Stunde trödeln. Spannungsabfall deluxe.

Eine weitere Seilschaft haben wir auch noch eingeholt, wir treffen sie direkt im Kamin. Also genauer gesagt treffen wir den weiblichen Part der Seilschaft fluchend und eingeklemmt im Kamin, der männliche Teil der Seilschaft ist schon am Gipfel. Doch gleich hat sie es geschafft und wir machen uns ran.
Hätte ich mir bloß noch etwas Angst und Spannung aufgehoben, vielleicht hätte ich dann den Kamin weniger anstrengend in Erinnerung behalten.
Philip hat die Vorstiegsehre und ich bin froh darum. Denn den verfluchten Kamin wäre ich im Vorstieg niemals raufgekommen. Nach etwas probieren hab ich dann irgendwie mit Arsch-gegen-Wand-Technik meinen Zwergenfuß so weit hochgeschoben, dass er auf den kleinen Absatz reicht und ich kann mich hochziehen. Elegant sieht anderes aus, aber ich hab eh immer schon gesagt, dass Kamine für den Arsch sind! Gut, retrospektiv war die Stelle nicht so wild (ich hab schon wesentlich größere Kletterfauxpas hingelegt), aber nach 8h Gratherumgehample ist man halt auch schon etwas ausser Puste.
Und dann ist der Rest des Weges zum Kreuz nur noch Formsache und ich eile nach oben zum Gipfel. Die andere Seilschaft sagt uns schon gleich "Auf Wiedersehen" und wir stehen alleine am Ellmauer Halt. Ein bisserl Zeit bleibt uns noch für kurze Jausenpause, kurz Durchschnaufen und ein Resümee. War das ein Abenteuer!

Aber war es ein Abenteuer?

Der Begriff Abenteuer wird ja immer inflationärer gebraucht. Echte Abenteuer stehen Pseudoabenteuern gegenüber. Doch was ist ein echtes Abenteuer?

Der Ausgang eines echten Abenteuers ist ungewiss. Bei einem Pseudoabenteuer ist ein Scheitern mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Man durchlebt während eines echten Abenteuers physische, emotionale und mentale Wagnisse, die einem auf ebendiesen Ebenen Schaden zufügen können. Das muss nicht zwingend ein Absturz oder ein Verhauer beim Klettern sein, es kann auch eine Weitwanderung, eine Radtour, eine Reise oder eine Wanderung eine mentale oder physische Belastung hervorrufen und somit ein Abenteuer sein.
Natürlich waren wir uns ziemlich sicher, dass wir die Route meistern, dass wir so einer vergleichsweise einfachen Tour wie dem Kopftörlgrat gewachsen sind, aber sicher ist in den Bergen ja bekanntlich nichts. Und dass wir uns in einer vermeintlich leichten Tour verhaspeln, damit haben wir nicht gerechnet und schon war Anspannung vorprogrammiert.


Die zwei Sologeher, die uns am Grat davongezischt sind, werden sich jetzt lachend denken: "Solche Weicheier. Das war doch ein Spaziergang!"
Doch das Abenteuer steht ja nicht dort und wartet, bis es endlich losgeht. Das Abenteuer startet im Kopf. Das Abenteuer beginnt und scheitert mit deinem individuellen Können. Das Abenteuer passt sich dir an, denn es findet ja nur in deinem Kopf statt. Und es prägt dich: emotional, mental, aber natürlich auch physisch.

Die zwei Sologänger werden ihre persönlichen Abenteuer auf einer anderen Ebene des Könnens finden. Jeder hat das Recht auf sein persönliches echtes Abenteuer.
Oft entstehen Abenteuer aus Fehlplanungen, oftmals hat man einfach eine persönliche Hürde oder Grenze überwunden, hatte dabei Angst und dadurch wird die Situation im Kopf zum Abenteuer. 




Wer Abenteuer sucht, findet nicht immer das Angenehme. (Don Quijote)

Wenn Medien und Reiseanbieter und die Welt da draußen suggerieren, alles müsste immer und überall ein Abenteuer sein, dann bringe ich ein großes, lautes VETO ein.

Entgegen aller Werbung von Abenteuerreisen, Pseudo-"Expeditionen", Erlebnis-Events: Echte Abenteuer sind zu oft während des Erlebens gar nicht lustig! Oft empfindet man negative Gedanken, ist mit sich im Zweifel, es sind im aktiven Moment des Erlebens soviele andere Emotionen vordergründiger als Spass.
Der Spass und die Freude, kommen oft erst hinerher. Oder wenn gewiss wird: "Jetzt schaffe ich es". Ein richtiges Abenteuer frißt sich im Kopf ein, laugt dich meist aus, beschäftigt dich noch lange nach dem eigentlichen Erleben.
Von Abenteuern kann man lange zehren. Positiv beeinflusst, aber auch negativ. So etwas darf und kann nicht zur Regelmässigkeit verkommen, denn dann wäre es doch kein Abenteuer mehr? Wo wäre dann die Zeit, das Erlebte zu verarbeiten?

Der Kopftörlgrat vom Ellmauer Halt

Meine nächste Tour wird gemütlicher. Das habe ich mir vorgenommen. Das tut dem Erleben nämlich keinen Abbruch. So ein Abenteuer muss nicht jeden Tag sein, an manchen Tagen darf auch ruhig mal gemütlich Energie getankt werden. Wir werden ja sehen, wann uns das nächste Abenteuer heimtückisch auflauert. Denn das Leben ist voll davon! Das Leben ist das größte Abenteuer überhaupt!

Wo findet ihr euere persönlichen Abenteuer?
Beim Klettern?
Beim Bergsteigen?
Beim Canyoning?
Beim Reisen in ferne Länder?
Vielleicht bei ganz anderen Dingen?

Ich bin gespannt! 

Übrigens, weitere Touren im Kaiser gibt es hier:

- Zettenkaiser Westgrat (III)

- Hackenköpfe - Überschreitung (II)

- Kraxengrat (IV-) 

- Rigelekante (V)

- Jofenspitze Winterbesteigung (Zahmer Kaiser)

- Skitour Ellmauer Tor 

- Winterbesteigung Ellmauer Halt

Hochtouren, Gletscher, ewiges Eis - die höchsten Berge der Welt - Risiko und Gefahr als Weg zum Glück?

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Endloses Weiß.
Fokus.

Schritt um Schritt.
Die Gedanken schweifen wieder ab.

Alles ist monoton.
Links von uns ein Meer aus Spalten.
Tänzelnd bewegen wir uns über Schneebrücken zwischen einschneidenden Canyons aus Schnee und Eis, genießen die Fernsicht vom Gipfel und lernen Respekt vor dem Berg, in den Untiefen seiner Eismasse.
Wir sind hier, weil unsere Freunde noch letzte Vorbereitungen treffen für die Expedition, die vor ihnen liegt.
Ein bisschen Aufregung macht sich breit. Wir üben. Wir lachen. Wir lernen.

Ein Sologänger zieht an uns vorbei. Sieht uns etwas schelmisch an. Plötzlich dreht er bei und nähert sich unserer Übungsspalte.
"Die rechte Spur, die ist g'scheit fahrlässig angelegt", meint er nur. Wir sehen ihn mit großen Augen an. Kurzes, ärmelfreies Shirt, Hose aufgekrempelt, steht er lässig vor uns. Wir, die in Primaloftjacken und Hardshells nach einigen Minuten in der Spalte oder heraussen beim Sitzen im Schnee nass und durchgefroren sind, stehen ihm gegenüber. Fahrlässig ist hier wohl nicht die Spur.
"Na, weil die geht voll durch die Spaltenzone", sinniert er weiter, 2 Meter vor unserer riesigen Spalte stehend, nichts ahnend, wo die nächste Spalte unter einer fragilen Schneebrücke vergraben ist. Vor ihm? Hinter ihm?
Ja sicher, die Spur ist's wohl... denken wir uns schweigend unseren Teil. Hans schüttelt den Kopf. Auch er ist sich des Risikos am Berg vollends bewusst, doch vor Spalten hat der erfahrene 8000er-Bergsteiger auch großen Respekt. Ist er doch schon ein paar mal unerwartet darin gelandet, wurde jedoch immer vom Seil und den daran hängenden Kameraden gehalten. Hans dreht sich nur weg, wir alle üben uns in Schweigen.
Die "Rechte Spur" ist nicht mehr oder minder spaltig als die "Linke Spur" zum Vendiger. Steiler ist die eine Variante, führt sie doch einen Umweg über den Kleinvenediger. Wir sind beide Varianten gestern gegangen, einige Spalten haben sich erst im sulzigen Nachmittagsschnee offenbart.
Ich stapfe als Seilschaftsletzte der schon vorhandenen Spur den anderen nach. Die Füsse sinken tief ein, es ist anstrengend. Ich knicke wieder links weg. Hui, ist das tief, unter meinem Fuß findet sich beim herausziehen desselben ein dunkles schwarzes Loch. Schneebrücke durchstochen. So fragil. Wieviele Leute hätte sie wohl noch gehalten?

Der Alleingänger erntet keine weitere Resonanz von uns, wir sind zu beschäftigt mit unserer Kameradenbergung. Oliver, seines Zeichens Bergführer und auch Bergretter, schüttelt auch nur den Kopf. "Manche kannst net helfen," murmelt er und wendet sich wieder dem T-Anker zu. Der Alleingänger grinst verlegen und macht sich an den Abstieg.





Warum muss man auf die hohen Berge steigen?


Ja warum muss man das? Gar nichts muss man, aber man kann. Und Fakt ist doch, diejenigen, die zuhause bleiben, sehen sich mit Vorliebe genau diese Bilder, Filme und Vorträge an. Die Höhe, die Kälte, Entbehrungen, Anstrengungen, Eis und Schnee und das "Über den Dingen stehen", übt also eine gewisse Faszination auf uns aus und gleichzeitig birgt es natürlich ein enormes Gefahrenpotential.



Sieht man sich die Statistik (2013 bis 2014) in Österreich an, so glaub man auf den ersten Blick, Hochtouren an sich wären nicht sonderlich gefährlich. 957 verletzte Wanderer stehen 46 verletzten Hochtourengehern gegenüber. Einzig die Disziplin Skiroute/Pistenfahren kann das Wandern bei der Unfallstatistik abhängen (über 4000 Verletzte).
Wenn man nun aber bedenkt, dass durch mehr als 50000km gewarteter Wanderwege eine große Menge an Menschen Österreich erwandert (im Vergleich zu einer viel geringeren Anzahl an Hochtourengehern), scheint es nicht überraschend, dass 20x so viele Menschen beim Wandern verunglücken als bei Hochtouren. Rechnet man also die Unfälle bei Hochtouren bzw. beim Wandern auf die geschätzte Anzahl der Akteure in der jeweiligen Disziplin auf, so wird sich die Wahrscheinlichkeit eher umkehren und zeigen, dass in jeweilige Relation auf die Anzahl der Sportler, bei Hochtouren 20x mehr Unfälle passieren als beim Wandern.

Risiko Hochtour

Im Durchschnitt sterben in Österreich pro Jahr 5 Personen bei Hochtouren. Davon sind 2/3 Männer, was wohl aber auch daher rührt, dass Männer häufiger auf Hochtouren anzutreffen sind. Vergleicht man die Anzahl der Todesopfer bei Hochtouren, mit derer beim Klettern, so mutet Klettern als weitaus gefährlicher an (11 Todesopfer pro Jahr).
In der Schweiz sieht die Sache anders aus, hier ist die Anzahl der Todesopfer bei Hochtouren, mit einem Schnitt von 35 Toten pro Jahr weitaus höher (1984 bis 2015: Mittelwert).
Die Unfallart schwankt freilich und ist auch eng mit dem Wetter des betreffenden Sommers verknüpft. Je schlechter das Wetter, desto weniger Hochtouren werden durchgeführt. Natürlich sinkt auch damit die Unfallwahrscheinlichkeit und auch die Art des Unfalls.

Mussten im Jahr 2014/2015 nur 7 Leute aus Spalten geborgen werden, so waren es in den Jahren 1995-1997 ca. 13 Leute pro Jahr. Dafür war im Jahr 2015 Absturz eine häufige Unfallursache.

Je höher der Berg, desto höher das Risiko? Auf den 8000ern, dem Dach der Welt.

Höhenbergsteigen jenseits der Todeszone ist natürlich risikoreicher als Hochtouren zuhause in den Alpen. Zu den Gefahren wie Wetterumschwung, Lawinen, Steinschlag, Absturz, gesellt sich das Problem der Höhe. Die meisten Todesursachen beim Höhenbergsteigen sind direkt oder indirekt mit Hypoxie verknüpft und könnten durch bessere Akklimatisation sicher verringert werden.

Da bleibt dir die Luft weg!

Der Luftdruck halbiert sich auf etwa 5.500 m Höhe im Vergleich zum Meeresspiegel, in Höhe des Mt. Everest erreicht der Luftdruck nur noch etwa ein Drittel des Normaldrucks auf Meereshöhe. Der Sauerstoffanteil in der Luft bleibt bis etwa 15 km Höhe konstant bei ca. 21 %, allerdings sinkt der Sauerstoffpartialdruck, was letztendlich zu einem Sauerstoffmangel im Gewebe führt.
Je größer die Zielhöhe, desto länger braucht die Akklimatisation. Ab 3000m (sofern man länger in dieser Höhe bleiben will) ist eine Akklimatisation nötig. Vorhersehbar ist die Anpassungszeit nie, denn es gibt auch völlig unsportliche Personen, die über die natürliche Fähigkeit verfügen, die Konzentration an Erythrozyten zu verdoppeln und die sich somit länger in großen Höhen aufhalten können. Bei anderen Personen steigt die Konzentration auch bei längerer Anpassung nicht so stark – auch wenn sie sehr sportlich und austrainiert sind.
Wegen der Kälte ist auch die Höhenluft sehr trocken, daher verliert der Körper nur über die Atmung bereits so viel Wasser, dass etwa sieben Liter tägliche Wasserzufuhr notwendig wären. Oft wird ein Wassermangel aufgrund anderer Faktoren, wie Erschöpfung und Anstrengung, nur nicht wahrgenommen. Dabei ist zu beachten: Zu viel Flüssigkeit fördert die Ausbildung der Höhenkrankheit. Die klinisch-neurologischen Störungen der Höhenkrankheit werden durch Ödembildungen (Wassereinlagerungen) hervorgerufen.

Folgende Haupttodesursachen kann man zusammenfassen:
  • Plötzlicher Tod durch Lungenembolie
  • Tod durch Lawinenverschüttung, Absturz, Spaltensturz und Unterkühlung
  • Tod durch die Höhenunfälle,Lungenödem und Hirnödem

Im Schnitt kommen bei allen 8000ern zusammen auf 1 Toten 8 Gipfelerfolge. Natürlich ist bei manchen Bergen die Anzahl der Todesopfer in Relation zu den Gipfelsiegen weit weniger hoch als bei anderen. Insgesamt erreichten 10.899 Personen einen Achttausender-Gipfel. Dabei starben insgesamt 753 Personen (ca 7 Prozent), etwa 200 davon an einem Höhenödem.

Leistungsfähigkeit in der Höhe

  • Die maximale aerobe Leistungsfähigkeit bleibt bis ~ 1.500 m unverändert.
  • Über 1.500 m nimmt die maximale Leistungsfähigkeit alle 1.000 m um ~10–15% ab! (Individuelle Variabilität! Höhere Leistungsabnahme bei Trainierten!)
  • Jede physische Aufgabe erfordert in der Höhe einen größeren Prozentsatz an verfügbarer maximaler Leistungsfähigkeit als auf Meeresspiegelniveau.

    Rekordsucht und Leistungsdruck

    Begonnen hat die Besteigung der höchsten Berge dieser Erde mit dem Pioniergeist der Briten. Nachdem das britische Empire beide Pole erkundet hatte, wurden Expeditionsteams nach Tibet geschickt, vorrangig um die höchsten Berge zu vermessen, aber um 1922 auch mit dem Ziel, den Gipfel des Everest zu erreichen.
    Man glaubt mittlerweile, alles wäre schon getan worden auf den höchsten Bergen der Welt, doch immer wieder werden die Grenzen verschoben. Rekorde werden aufgestellt und gebrochen: Der erste Blinde, der erste Gleitschirmflug, Skiabfahrten, Snowboardabfahrten und auch jährlich neue Bestzeiten - das alles findet sich beim Everest. Oft macht es den Anschein, als ob Gier nach Ruhm und Ehre, sowie Abenteuer aus zweiter Hand die Szene dominieren - dass die Berge, vor allem die mächtigsten und höchsten der Erde, die jahrtausendelang als Sitz der Götter respektiert wurden, rücksichtslos zu Turngeräten degradiert werden. Kommerz bestimmt die Welt und mit dem Kauf von Büchern, Videos und Eintrittskarten zu spektakulären Filmen über die Rekorde auf ebendiesen Bergen, legitimieren wir diese Entwicklung.
    Dennoch sucht hoffentlich die große Mehrheit der Höhentouristen, trotz der Absurdität in diese unwirklichen Sphären einzudringen, die an sich nicht für das menschliche Leben geschaffen sind, noch immer das unbeschreibliche Naturerlebnis, der so faszinierenden Hochgebirge dieser Erde.

    Das "WARUM" ist keine Frage. Warum steigen wir auf die Berge?

    Warum steigen wir auf die höchsten Berge, obwohl wir wissen, dass es höhere Risiken birgt, als die meisten anderen Dinge im Leben.

    Es geht nicht nur darum seine Grenzen zu finden, zu verschieben, sich selbst zu spüren und zu begreifen. Es geht darum das Erlebnis Berg zu leben, völlig losgelöst von den Zwängen und Pflichten des Alltags zu sein. Bergsteigen, insbesondere Höhenbergsteigen sind Zeichen unserer Wohlstandsgesellschaft und unserer Luxuswelt. Und doch geht es genau darum, diese Welt hinter sich zurückzulassen und die Stille der Berge zu spüren. Jede Situation am Berg ist anders, nichts ist vorhersehbar und doch ist man, weit mehr als im Alltag im Tal, Herr/Frau seines Schicksals.
    Die Sonne auf der Haut, nahendem Unwetter entronnen, mit guten Freunden gemeinsam am Gipfel, der Atem kondensiert in der kalten Luft. Anspannung, Freude, Leid, Angst, Erleichterung, Glück. Gefühle, die man im Alltag selten in dieser Intensität spürt. Gefühle, die einem beweisen am Leben zu sein.
    Planung, Wissen und Know-How und eine Portion Glück, die dem Restrisiko das Schnippchen schlägt, sind genau die Zutaten, um den ersehnten Gipfel erreichen zu können.

    Wir beschäftigen uns noch weiter mit unserem Techniktraining, doch was bleibt ist klar: Das Restrisiko und die Gewissheit, dass Improvisationsvermögen oftmals das Einzige ist was zählt. Denn keine Situation ist gleich.
    Doch ist nicht genau das die Herausforderung, die wir suchen?

    Quellen:
    analyse:berg Sommer 2015/Winter 2015/16
    bergundsteigen Februar 2004
    bergundsteigen Jänner 2002
    bergundsteigen März 1999
    Land der Berge 08/2011
    Bergnotfälle Schweiz 2015 (www.sac.ch)
    www.alpinmedizin.org

    Do what makes you happy

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    Eigentlich bin ich ja keine Erklärung schuldig, aber nachdem ja offenbar doch ab und an ein paar tausend Leute hier vorbeischauen, möchten wir euch nur kurz mitteilen, dass dies wohl in absehbarer Zukunft der letzte Post war.
    Es gibt in den unweiten des Internets so viele tolle Blogs, viele sehr professionell, wo ihr euch tolle Tourentips holen könnt.
    Solltet ihr Wert auf wirklich gut erzählte und spannende Geschichten legen, dann empfehlen wir euch:
    http://www.ulligunde.de
    und
    http://www.bergaufundbergab.at
    sowie
    http://fraeulein-draussen.de/

    Gute Toureninfos gibts nach wie vor bei
    www.hochtourist.at
    www.wusaonthemountain.at
    www.berghasen.at
    und viele mehr unten in der Blogroll.

    Heisser Tip: Ihr könnts Touren, die's nur bei uns zu finden gibt oder GPS Tracks dazu, mal eventuell vorsichtshalber sichern, denn wer weiß, ob nicht der Blog vielleicht ganz verschwindet.  ;)

    [Kletterhoppala] Stresser in der Route - Warum der Ärger auch nix bringt...

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    Dieser Beitrag fällt in die Kategorie: warum wir überlaufene Routen nicht mögen...


    Es ist ein strahlend schöner Tag, wir haben keinen Stress. Genauer gesagt haben wir diese Route gewählt, weil sie leicht ist, landschaftlich schön sein soll und für unsere Verhältnisse eine "gma'hde gmiatliche Wiesn".

    Landschaftlich schön - check!

    Der Zustieg läuft wie immer flott. Wir treffen beim Zustieg eine Seilschaft, so weit so gut. Die Kerle sind recht nett, flugs sprechen wir uns ab, welche Route sie heute planen. Natürlich unsere. Umdisponieren? Na i wo, das geht schon. Beim weiteren Zustieg sind wir kurz noch gleichauf, dann hängen wir sie ab (nachdem sie sich beim Einstieg verlaufen und wir ihnen sagen, dass sie gerade an der falschen Stelle suchen).
    Nach einigen Minuten (wir wollen gerade starten) kommen sie um die Ecke, bleiben aber in einiger Entfernung stehen. Sollen wir sie noch vorlassen? Wir sind ja eine Dreierseilschaft, eventuell sind sie doch schneller als wir?
    Höflichkeit ist nicht der alleinige Grund sie vorlassen zu wollen, das gebe ich zu. Mich stressts einfach irrsinnig, wenn so unrunde Speed-Kletterer uns im Nacken sitzen. Ich täte sie ja vorlassen, nur die Burschen kommen nicht daher, sitzen offenbar unsere erste Seillänge in einiger Entfernung aus...
    Naja, unlängst haben wir ja auch eine Zweierseilschaft ordentlich abgehängt, warum sollten wir heute langsamer sein? Nur stressen wollten wir uns heute ja nicht. Es ist grad mal 11 Uhr, es liegen 7 SL vor uns, alle easy, stabiles Wetter ist angesagt und wir haben endlos Zeit. Möchte man meinen...

    Wir starten los. Erste Seillänge läuft gut, zweite Seillänge etwas langsamer. Dann am Stand: Philip will die dritte Seillänge nicht vorsteigen. Piazzen ist nicht so sein Ding, der Kopf macht schlapp. Alex wird weitergehen.
    Vorstiegswechsel. Zu dritt. An einem Standplatz, wo jeder fast nur auf einem Bein steht. Grandios.
    Die Jungs sichern sich, tauschen Seilenden. Die Zeit verrinnt. Gefühlte 15min Seilgewurschtel später tönt es ziemlich angezwiedert von unten herauf: "Jetzt tats endlich weiter, wir haben wegen euch schon eine halbe Stunde Zeit verbraten!".
    Ich merke, wie der Stress schon wieder in mir hochblubbert. Aber hallo? Wir haben niemanden gezwungen zu warten, man hätte auch höflich fragen können, ob man als erstes einsteigen kann. Wir klettern weiter, ich rufe der zweiten Seilschaft zu: "Ihr könnts uns eh überholen!". War nicht böse gemeint, sondern ehrlich. Wir warten sogar am nächsten Stand, der breit und geräumig ist und warten... und warten.... keiner kommt daher... warten die jetzt drauf, dass wir wieder weiterklettern?

    Na guat, ok. Alex schimpft. Jetzt ist er gestresst und nervös. Noch einmal wollen wir uns auch nicht anpflaumen lassen. Und eigentlich klettern wir normal recht flott. Der Vorstiegswechsel war halt ungünstig. Ausserdem, wieso stressen die so? Es sind 7 Seillängen, wir sind in der dritten und es ist noch nicht mal Mittag? Ganz unten am Einstieg steht wieder eine Seilschaft in der Sonne, die haben allerdings keinen Stress, sondern jausnen gerade. Na, wenigstens irgendjemand ist nicht gestresst. Ich meine, ist ja nicht so, dass wir gerade in der Eiger Nordwand wären, dunkel wird's auch noch lange nicht und überhaupt... hatte die ganze Woche Stress, da muss das nicht noch am Samstag in einer vermeintlich "g'miatlichen Routn" sein.

    Ultrasupermegagmiatliche Route

    Sollen wir jetzt weiterklettern oder warten, bis die überholen? Wir überlegen hin und her, aber da nach gefühlten Stunden immer noch niemand auftaucht, vermuten wir dass die Jungs offenbar darauf warten, dass wir weiterklettern.
    Ok Alex, gib Gas. Mit raschelnden Klemmkeilen und Friends am Gurt entschwindet er uns. Bald hat er Stand und ich vernehme meinen Seilzug. Kurz denke ich mir noch: Die Jungs hinter uns warten offenbar unsere Kommandos ("Staaaaand") ab, um sich selbst danach zu richten, wann wir den nächsten Stand freiräumen, was tun die jetzt, wenn wir auf lautlose Seilzeichen wechseln? Grübelnd piazze ich weiter (Piazzen, schon wieder? Wer hat hier eigentlich zwei Piaz-Stellen eingebaut?) und hänge die nächste Exe aus. Philip ist gleich hinter mir.
    Über eine glatte Platte schleiche ich nach oben, unter mir ein kleines Band mit Schotterauflage. Für so eine leichte Route, ist eigentlich überall super Fels und de facto nie Schrofengelände, denke ich mir. Eigentlich eine schöne Route, wenn wir nicht alle schon so genervt und unrund wären. Der Ton macht halt die Musik und dieses bissige Kommentar zu Beginn, hat uns alle irgendwie aus der Bahn geworfen. Mich vor allem, ich wollte die Zweierseilschaft sowieo gerne vorlassen... Das ist wie auf der Autobahn, ich hasse so Stresser im Genick.

    Mein Blick schweift zur nächsten Exe, die in einem Keil hängt. Achja... Keil. Keilentferner wird rausgepfriemelt und ich mache mich ans Werk. Während ich noch fluche, dass ich die Exe weder aus meinem Seil, noch aus dem Keil kriege, geschweige denn den Keil aus der Wand, merke ich, dass mir schön langsam die Kraft ausgeht. Ich bin zu klein für diese Stelle, der Keil ist weit über mir, der Seilzug kommt aber von links und ich sollte eigentlich auch nach links weiter klettern. Alex hat da sicher locker aus der Hüfte eingehängt, bei mir ist die Exe aber in Brusthöhe. Das Seil ist schon so straff eingezogen, ich kann mich einfach nicht mehr aushängen. Also hoch die Hüften, junge Frau, sonst wird das nix. Ich frage Philip, der schon nachkommt, ob er den Keil später rausfummeln kann, ich bin offenbar zu blöd. Ich schiebe mich und meine Hüfte höher, damit ich endlich das verflixte, straffe Seil aus der Exe schieben kann. Immer weiter drücke ich mit den Füßen hoch, ich sollte jetzt mal umgreifen, sonst wird das nix mehr mit dem Gleichgewicht und ehe ich darüber nachdenken kann, wie das jetzt passiert ist, hänge ich 2m weiter unten in der Wand. Damn you Seildehnung!

    Immer wieder überraschend, so ein Abflug! Tja, ich stürzte ja äusserst ungern. Und an alpinen Routen hat man nicht zu stürzen junge Dame! Oh gut, der Keil hält. Sonst hätte ich sicher einen hübschen Pendler hingelegt. Die Haut meines Fingers hält auch ziemlich gut: 2m über mir am Fels. Memo Dani: Festkrallen im Flug ist immer eine doofe Idee!
    Der Tritt hat sich leider verabschiedet. Oder ist nur mein Fuß gerutscht, durch das nervöse herumfummeln und Gewichtverlagern bei der "Operation Klemmkeil"? Wie auch immer, ich hänge mal so rum, Philip schaut mich verdutzt und erschrocken an. Damit hat er in der pimperleinfachen Route sicher auch nicht gerechnet, dass es mich so einfach runterplumpst.
    Während ich mich wieder raufarbeite, schaut von unten der Kerl aus der anderen Seilschaft zu uns rauf: "Jetzt passt doch  mal auf, ihr schmeissts da einen Haufen Steine runter!!!".
    Philip schaut ihn zuerst noch eine Minute entgeistert an und sagt dann "ja, mei Freindin is grod einigrutscht."
    Der Vorsteiger unter uns, scheint die Situation nicht ganz erfasst zu haben (ich hänge 2m unter der Exe, sollte ihm irgendwie schon auffallen), noch einmal werden wir barsch hingewiesen, dass wir Steine losgetreten hätten. Ich bin schön langsam ein bisserl gereizt, gebe ich zu. Während ich es jetzt - danke Seildehnung - endlich schaffe, das nun nicht mehr so straffe Seil aus der Exe zu schieben, schreie ich nach unten "Ja sorry, i bin grod g'stürzt!" Danke übrigens vielmals der Nachfrage, mir gehts eh gut, füge ich in Gedanken hinzu. Dass der herunterfallende Stein ausgebrochener Fels war, der mich zu Sturz gebracht hat, is eich eh egal, oder?

    Ich klettere weiter hinauf zu Alex, teile ihm mit, dass Philip den Keil auch nicht rauskrieg. Alex schaut mich verdattert an und erklärt, das wäre ja gar nicht unserer, der war schon da und steckt offenbar fest. AHHH!
    Ich gebe die Stille-Keil-Post an Philip weiter, der den Keilentferner zähneknirschend verräumt und nachkommt.
    Scheissdreck! Jungs, wir haben da ein Kommunikationsproblem! Wir vereinbaren uns ab jetzt Zeichen, für Keile oder Friends, die von anderen Seilschaften für die Ewigkeit gelegt wurden, damit wir uns damit in Zukunft nicht endlos plagen müssen. Da hätte man auch vorher dran denken können.

    Unsere Route zieht nun ein Stück nach rechts, das Kriechband wartet. Alternativ wäre ein Ausstieg über eine alpine (Nix Haken, nur Spass) Fünf geradeaus möglich, aber der Gedanke wieder von unten angepöbelt zu werden, lässt uns über das Kriechband flüchten. Schnauze voll irgendwie.
    Alex grummelt und steigt vor.
    Philip grummelt deprimiert etwas wie "wär eigentlich a schöne Route" und schlurft demoralisiert nach. Ich folge und verteile noch ein bisserl rote Blutspritzer auf die Wand.
    Die letzten zwei Seillängen hängen wir schweigend zusammen, Seilkommandos sind ohehin vom ersten gutgelaunten "STAAAAND" schon lange in schweigendes Seilzupfen übergegangen. Kein Grund für Worte, wir verstehen uns auch so. Die hinter uns müssen jetzt halt Gedanken lesen, wenn sie wissen wollen, wo wir grad sind. Is ma oba wurscht.

    Wir erreichen den Ausstieg und blödeln rüber zum Gipfel. Das kleine Gipfelkreuz hätten wir zuerst fast übersehen. Dann folgt noch ein Foto, ein Gipfelbucheintrag. Ich schreib der Seilschaft nach uns ein paar Zeilen. Dass wir sie eh gern überholen hätten lassen oder vorgelassen hätten, sie hätten sich nur melden brauchen. War offenbar ein Kommunikationsproblem.
    Es ist nicht mal halb 3 am Nachmittag. Leckoasch. So schnell waren wir sowieso überhaupt noch nie fertig, vor allem nicht, wenn wir einen "chilligen Tag" geplant haben. Was machen wir jetzt mit den restlichen 4,5h Sonnenlicht?
    Jausnen am Gipfel ist mal angesagt, dann steigen wir in die Scharte ab. "Sollen wir noch zum Gipfel?", frage ich mehr halbherzig und deute zu einem anderen Berggipfel. Alex schaut mäßig motiviert die 300hm hinauf und zuckt die Schultern. So nach dem Motto: "owa wegen mir brauch'mas net...". Philip wäre motiviert, allerdings ist die volle Stimmung auch noch nicht wiederhergestellt, denn er gibt schnell auf. "Gemma zur Hüttn auf a Bier!".
    Zwei Routen zu je vier Seillängen wären da auch noch in der Wand. 4 Seillängen, ginge schnell. Könnt'ma noch angehen. Topo hätt' ich mit. Keinen freuts mehr.
    Wir steigen also weiter ab, passieren den Einstieg. Die zuvor ganz unten wartende Seilschaft ist gerade in der zweiten Seillänge. Hätten wir bloß auch länger geschlafen, dann wären das jetzt wir. Dann wär's sicher anders gelaufen. Gemütlicher.

    Der Blick schweift weiter die Wand hinauf. Wer ist denn da grad am Ausstieg? Die Seilschaft nach uns?! Ich bin ungläubig. Wie gibts des jetzt? Wir haben inzwischen gejausnet, sind abgestiegen und die sind jetzt eh noch nicht mal oben? Die waren doch vorher erst kurz hinter uns? Kopfschütteln. Verwirrung. Wozu der Stress?
    Auf der Hütte erstmal gemütlich ein Bierchen getrunken und die Almidylle genossen. Alle gut drauf. Keiner hat Stress.



    Wir erinnern uns an ein paar Wochenenden zuvor. Wir waren eine g'miatliche Route klettern. Vor uns einige Seilschaften. Philip steigt vor. Ihm gefällt das gar nicht, wenn andere hinter uns sind, aber ihm behagts auch gar nicht, wenn andere langsam vor uns sind. Ich merke, wie ihn das stresst und wie er versucht, die Leute schon beim Zustieg abzuhängen. Das macht mir allerdings noch mehr Stress. Ich würde die alle immer am liebsten vorlassen.
    Wir waren aber zu spät am Einstieg und haben die gesamte Route hindurch versucht eine Seilschaft zu überholen, die deutlich langsamer war als wir. Hat aber nie gepasst mit dem Überholen und summa summarum, sind wir erst am vorletzten Stand an ihnen vorbei. Wir hätten einfach 10min zwischendrin mal warten können um ihnen einen Vorsprung zu geben, allerdings sind uns auch schon wieder die nächsten Kletterer im Nacken gesessen.
    Wir haben dann wenigstens nachgefragt, ob das ok ist und uns auch beim überholen entschuldigt, dass wir so lästig auflaufen und dass wir sie nicht stressen wollen. Der Vorsteiger war völlig gechillt, die junge Dame hat uns hoffentlich auch verziehen. Wir haben am Gipfel noch Topos für andere Routen getauscht und miteinander ein Schnapserl getrunken. Ich habe mir gewünscht die innere Ruhe dieses Vorsteigers zu haben. So muss das sein!

    In Zukunft möchte ich aber weder die eine noch die andere Seite erleben. Ich will nicht diejenige sein, die anderen in mässig anspruchsvollen und nicht allzulangen Routen (Stichwort Anfänger), wo man alle Zeit der Welt hat, zu verstehen gibt, sie wären langsam, sie müssten sich beeilen und ich will auch nicht diejenige sein, die dauernd von nachfolgenden Seilschaften beobachtet wird und dazu angehalten wird, jetzt endlich mal weiterzuklettern, sie hätten ja nicht ewig Zeit.

    Noch ärgerlicher ist dann eben, wenn  zu Beginn Stress gemachen und dann schlussendlich eh langsamer geklettert wird... muss das denn sein? Umgekehrt will man diesen Druck ja doch auch nicht, oder?
    Klettern soll Spass machen, soll Stress abbauen und kein Speedbewerb sein.
    Wenn ich Zeit für eine Stelle brauche, dann brauche ich Zeit für eine Stelle.
    Wenn der Vorsteiger sich da nicht wohl fühlt, dann wird verdammt nochmal gewechselt, mir egal wieviel Zeit das kostet. Besser ein paar Minuten verplempert, als er legt vor lauter Stress und Unsicherheit einen Standsturz hin (sanft sanierte Klassiker, ihr wisst schon...).
    Wenn einer stürzt, dann fragt man ob alles ok ist, bevor man ihn anschreit.

    Ja, manchmal sind wir auch gestresst. Wenn wir um halb fünf am Nachmittag noch in der Dachstein Südwand hängen, DANN haben wir Zeitdruck. Dann stressen wir. Dann gehts um die Wurscht.
    Wenn wir uns wirklich vertrödeln und das Abenteuer im Kopf beginnt, dann werden wir auch nervös, wenn Leute vor uns herumtrödeln. Ich versuche für mich immer höflich zu bleiben, andere nicht nervös zu machen, weil ich es selbst hasse, wenn mich jemand nervös macht. Die schlimmsten Fehler passieren unter Stress. Ruhe ausstrahlen, abwarten und im Zweifelsfall fragen, ob man vorbei darf. Irgendwo geht's sicher.

    Keep calm and climb on!

    Die wunderschöne, empfehlenswerte Route heisst übrigens Hallelujah und befindet sich am Gosaukamm.




    Wenn man seine Ruhe nicht in sich findet, ist es zwecklos, sie andernorts zu suchen.
    (François de La Rochefoucauld)

    Tanz auf dem Vulkan - Skitour Ätna

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    Da lasse ich mich doch glatt von diesem Hecki zu einem weiteren Bericht hinreissen. Zugegeben, geschrieben hab ich ihn schon vor längerem, aber jetzt geht er doch noch online. Die Tour wurde im März 2017 durchgeführt, optimale Bedingungen. Für Nachahmer gibts weitere Tipps ganz am Schluss...

    Gemma aufn Ätna?“ hat die Claudia um Weihnachten herum in den Raum geworfen. Die Idee habe ich spontan als „voi genial“ empfunden und schwupps, war auch schon der Flug gebucht. Nach einigen organisatorischen Hürden (wie Ausfall von Eva durch Skiverletzung und der von der Airline stornierte Flug der aus Wien anreisenden Gruppe) fanden wir uns allerdings statt zu siebt dann erstmal zu dritt in Palermo ein.

    Nach einer Sightseeing Tour mit Frühlingstemperaturen (natürlich lassen wir uns eine Bergbesteigung auf den Rocca Cefalù dabei nicht nehmen) checken wir in unser Apartment in Piedimonte Etneo ein. Die Wiener Gruppe sollte dann ebenfalls am Abend auftauchen und wir verabreden uns für morgen. Zum gemeinsamen Akklimatisieren an das sizilianische Frühlingswetter wollen wir erst mal einen schönen Traillauf auf das sizilianische Matterhorn starten, müssen aber erkennen, dass die Temperaturen irgendwie nach Winter schreien. 3°C ist in meiner Welt NICHT Frühling und so beschließen wir, aus diesen wolkenverhangenen Bergen zu fliehen und uns in Taormina weiter dem Sightseeing zu widmen. Taormina ist übrigens immer einen Besuch wert und auch Trailrunner können mit dem bergigen Dörfchen voll auf ihre Kosten kommen.


    Skitour Ätna, warum eigentlich nicht?

    Unser eigentliches Ziel ist aber der Ätna. Gemütlich finden wir uns dann tags darauf um 8.00 beim Skigebiet Etna Nord Piano Provenzana ein (beim obersten Parkplatz beim Schlepplift, Parken kostet 3 Euro). Wir sind positiv überrascht von der Größe des Skigebiets, auch wenn es hauptsächlich aus Schleppliften besteht. Doch schon die Anfahrt durch erstarrte, bizzare Lavagesteinsformationen und der aschefarbene Schnee sind einfach zu grotesk. Dazu noch ein Blick aufs Meer, wo hat man das schon?

    Achja, der Ätna ist Anfang März ausgebrochen. Na gut, das ist nicht ungewöhnlich, Mamma Ätna zeigt ja ohnehin sehr rege Aktivität. Doch Lava spukt sie dann doch nicht immer, daher: Obacht. Wir haben jetzt mindestens 1 Woche lang im 6h Takt die Webcams gecheckt, auch die Thermokameras kann man prüfen, die Messdaten der Vulkanologen sind öffentlich abrufbar. Safety First und so. Doch wir wollen ja zum Nordostkrater, aktiv war und ist ja zur Zeit nur der Südostkrater.
    Von der obersten Bergstation queren nun also relativ flach nach Südwest, bis wir schon den Krater rauchen sehen. Der Aufstieg zum Krater Nordost ist sehr eisig, also wird es Zeit für die Harscheisen.

    Die Bindung mag nicht und Philip lernt Mono-Ski

    Philip klagt über die Bindung. Ich bekomme zuerst gar nicht mit, was das Problem ist, da ich schon ein paar Meter weiter bin, doch bald stellt sich heraus: Der Philip hat ein paar Schrauben locker. Also nicht er, sondern der Vorderbacken. Und zwar nicht nur ein paar, sondern alle. Also alle die noch da sind, denn 2 von den fünf Schrauberl, welche die Speed Turn noch am Ski halten, sind schon mal futsch. Mit Fluchen und einem Taschenmesser werden die verbleibenden Schrauben wieder angeschraubt. Retrospektiv waren wohl die Harscheisen schuld, dass es so kommen musste, wie es kam: die Bindung fällt nämlich nach ein paar weiteren Schritten regelrecht vom Ski. Tja... Philip stapft die letzten Meter zu Fuß, auch den finalen Gipfelhang zum Kraterrand macht er zu Fuß. Ob des abartigen Eises keine gemütliche Sache.
    Auch Andi kämpft. Er hat sich (wie alle 3 der Wiener Freunde), im Gegensatz zu uns die Ski in Sizilien ausgeborgt. Eine gute Sache an sich, denn das Material ist super. Super Ski, super Bindungen. Nur die Felle sind ein Käse. Das Ding hält einfach nicht, der Spanner fällt dauernd runter, der rechte Ski zum bergaufgehen nicht mehr zu gebrauchen. Andi müht sich ab und schlussendlich kommt der verhexte Ski auf den Rucksack, weiter gehts einskiig mit einem Harscheisen. Was für eine komische Truppe, denken sich die Italiener ziemlich sicher.








    Tanz auf dem Vulkan!

    Am Kraterrand ist alles kurz vergessen! Für uns ein neues Erlebnis! Auf einem aktiven Vulkan zu stehen! Ein rauchender Schlot mit gigantischem Ausmaß tut sich vor uns auf, in der Ferne speit sein Zwilling flüssiges Erdgestein. Wir vermuten Schwefelgeruch und Hitze. Doch wir sind natürlich genau richtig mit dem Wind gegangen, sodass wir den Dämpfen ausweichen können und am Gipfel hat sich der Wind zu einem Orkan gemausert und pustet mit aller Kraft die Schwefeldämpfe von uns weg. Eine gute Sache ist das. Allerdings pustet er mich fast mit, also lieber rasch die Felle von den Ski und runter!
    So schnell und unsauber habe ich übrigens noch nie im Leben abgefellt. Mir ist einfach nur saukalt. Philip friert ebenfalls, hat jedoch von Alex die Primaloft zum Überziehen bekommen. Dafür zittert dieser schon, sodass Alex und ich beschließen, schon mal abzufahren. Philip muss sowieso zu Fuß herunter. Claudia, Andi und Mike folgen knapp danach. In einer windstillen Mulde haben wir Philips Ski deponiert, versuchen mit aller Kraft noch irgendwie die Bindung an den Ski zu pappen. Null Chance. Die Schrauben drehen durch und das Leukotape löst sich quasi fast schon vom schief anschauen. Nach dem ersten Schwung liegt der Vorderbacken wieder neben dem Ski. Scheisse. Wie da jetzt runter? Zu Fuß 1500hm bei Eis und (teilweise) Pulverschnee? Na grandios!

    Alex hat die Härte weg: „Ja fahrst halt auf am Ski, is eh net so schwa!“ und erntet damit ein „bist deppad, des geht nie!“ von Philip. Aber was soll’s – probieren kann mans ja. Den unbrauchbaren Ski packen wir dem Alex hinten drauf, der Philip hat schon genug mit dem Gleichgewicht zu kämpfen. Generell hat Philip, ob dieser etwas präkeren Situation heute ziemlich die Ruhe weg. Nach ein paar unschönenen „fast-Stürzen“ hat er ziemlich schnell den Bogen raus. Das sieht fast kinderleicht aus. Ich hab schon Leute auf zwei Ski weit schlechter abfahren sehen, als ihn auf nur einem Ski. Wir navigieren über endlose Weiten und traumhafte Hänge (aber bitte sagts das dem Philip nicht, es war nämli echt geil zum fahren!) kommen wir wieder in Richtung Skigebiet.




    Auch während unserer Abfahrt treffen wir noch viele Skitourengeher im Aufstieg. Die Bergführer mit ihren Kunden waren ja eher (für italienische Verhältnisse) früher dran. Auf den weiten Hängen des Ätna sind nicht nur Skitourengeher unterwegs, auch Kite-Skier tummeln sich da und nutzen die Orkanböen für kunstvolle Sprünge.

    Ein Carving-Traum!

    Grundsätzlich kann man sich am Ätna nicht grob falsch verhauen, solange das Gelände fahrbar ist, kommt man schon nach unten: keine krassen Abbrüche, keine Steilflanken, alles flach soweit das Auge reicht. Aber es sieht halt auch alles komplett gleich aus, soweiter das Auge reicht. Lavagestein, Ascheschnee.
    Weite. Einfach schön! Ein Traum für Feinde des dichten Waldbewuchses. Einen kleinen Krater passieren wir in der Abfahrt, dann erblicke ich wieder eine Felsformation, die wir schon im Aufstieg gesehen haben. Auch der Schlepplift rückt ins Sichtfeld. Perfekt! Endlich Piste, denke ich mir, denn für Philip mit seinem Mono-Ski, ist die Piste sicher leichter zu fahren als das Gelände.
    Und kaum sind wir auf der (wirklich schön präparierten) Piste gehts ab wie ein Pitschipfeil. Der fährt da runter, niemand hätte bemerkt, dass er nur einen Ski hat. Nur ein bisserl verdutzt schauen alle den Alex an. Wieso hat der einen einzelnen Ski auf dem Rucksack hängen?
    Die Abfahrt bis zum Parkplatz ist ein Genuß! Bei der Talstation freuen wir uns auf das wohlverdiente Tourenbier! Leider haben Claudia, Mike und Andy keine Zeit mehr, die müssen weiter, weil ihr Flug ja übermorgen wieder von Palermo geht und sie sich noch die Erkundung der Nordküste vorgenommen haben.
    Also trinken wir unser Bierchen zu dritt in der Sonne, während wir Pläne für den nächsten Tag schmieden. Abenteuerwanderung mit Sightseeing (Nekropole Pantalica) steht auf dem Programm. Sizilien ist wirklich vielfältig und allemal eine Reise wert!



    Kurzabriss der Fakten:

    Generelle Infos zum Ätna Park findet man hier: http://www.parks.it/parco.etna/Epar.php

    Möchte nur noch hervorheben, dass es laut einer Verordnung offiziell nicht gestattet ist, den Vulkan ohne Bergführer oberhalb der gelben Zone auf 2800m zu begehen. Allerdings ist die Verordnung gut versteckt im Internet (natürlich nur auf Italienisch zu finden) und vor Ort sind keinerlei Hinweise angebracht. Technisch ist der Berg nicht schwierig, sofern man sich mit den Gegebenheiten vor dem Aufstieg ordentlich auseinandersetzt, sollte auch keine große Gefahr drohen. Ein paar Tage nach unserer Besteigung, ist eine Gruppe auf der Südseite durch eine phreatischen Explosion verletzt worden (darunter auch Vulkanologen bei Forschungsarbeiten). Man sollte beachten, dass selbst für geschultes Personal der Ätna oft nicht bis ins Detail vorhersehbar ist und sich dessen bei einer Besteigung in jedem Fall bewusst sein.

    Es gibt auch einige sehr gute Webcams, die für die Tourenplanung von Vorteil sind. Vulkanaktivität kann man hier gut beobachten: http://www.ct.ingv.it/it/webcam-etna.html.
    Gletscher hat der Ätna keinen, einzige Gefahr ist, dass der Schnee von heißen Gasen von unten angeschmolzen wird und sich deswegen "Spalten" oder Löcher unterhalb der Schneedecke bilden können. Oder dass es zum Kontakt von Lava mit Schnee kommt, was zu oben genannten phreatischen Explosionen führen kann.

    Material:
    Ski haben wir selber mitgenommen, Flug mit Alitalia, Skitransport problemlos möglich (ging sogar als Freigepäck durch).
    Ski vor Ort auszuleihen ist allerdings auch kein Problem, haben unsere drei Freunde gemacht: einfach anrufen bei Etna Nord Skiverleih und Schuh hinbringen: Bindung wird eingestellt und alles ist dann am Vorabend bis 20.00 abholbar. Super Ski (Fischer Ski mit Marker Kingpin oder Dynafit Bindung), super Qualität: Preis 35 Euro. Man kann auch die Schuhe ausborgen. Harscheisen gibts auch dazu. 
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