Die Wahl des Schlafsacks an sich, ist schon eine Wissenschaft. Hat man dann einen gefunden, braucht man für einen anderen Einsatzzweck evtl. gar schon wieder einen anderen (höheres Limit oder geringeres Gewicht). Wie man vorhandenes Material evtl. ausreizen kann, wie man den Schlafsack pflegt, was man beim Kauf von Daunenschlafsäcken wissen sollte und der generelle Wahnsinn im Schlafsack-Kauf-Dschungel werden hier kurz zusammengefasst.Da wir bereits vor der geplanten Peru-Reise im Besitz des Carinthia Airpack 900 waren, dieser aber für Zelten auf derartig großer Höhe und dementsprechend kalten Temperaturen hart an seine Grenzen stoßen könnte, war für uns eine Option den Schlafsack mit einem Thermo-Inlet etwas aufzumotzen.
Doch die harten Fakten zuerst:
Der
Carinthia Airpack war unsere Wahl, da er im Preis/Leistungsverhältnis überzeugt. Zudem ist Carinthia als heimisches Unternehmen altbekannt für Qualität und Nachhaltigkeit. Produziert wird nämlich immer noch in Seeboden, einige Produktionsstätten finden sich in Moldawien und der Slowakei. Ebenso wird laut Carinthia ausschließlich Daune aus Deutschland und NICHT aus Lebendrupf verwendet. Wenn schon Daune, dann wenigstens ohne Tierquälerei! Zudem garantiert eine komplette Fertigung in Europa kurze Transportwege und somit hohe Umweltfreundlichkeit.
Das war natürlich nicht der alleinige Kaufgrund, auch die Fakten haben unsere Wahl bekräftigt.
Warum Daune?Auch wenn Primaloft, G-Loft und alle möglichen Kunstfasern fähig sind hohe Wärmeleistungen zu erzielen, kommt leider bisher nichts an die Wärmeleistung im Vergleich zum geringen Packmaß einer hochwertigen Daune heran. Ein Vorteil der Synthetikfasern ist natürlich, dass die Schlafsäcke viel resistenter gegen Nässe sind. Der Feind der Daune heißt: Feuchtigkeit. Daher gilt auch der beste Wert und die beste Daune nichts, wenn der Schlafsack einmal feucht geworden ist. Wird die Daune richtig nass, dauert es oft mehrere Tage um sie wieder zu trocknen.
Doch nun zu den Facts des Carinthia Airpack 900:Gewicht/Füllgewicht: 1400g/900g (M - bis Körpergröße 185cm; es gäbe auch eine S Variante, da uns aber die Kompartibilität wichtig war, wurde auch für Dani die M Variante gewählt)
Komfortlimit -9,6°C,
Limit: -13,9°C und Extrem: -33,92°C
Material: Shelltex Ultra innen und außen
Bauschkraft: Europäische Gänsedaune 90/10 (Füllung) mit über 700cuin
Packmaß komprimiert: 21x19cm
Preis: UVP 499 Euro
Lagerungspackmaß: ca 53x37cm
Die Daune wird mit H-Kammer-Konstruktion aus dem leichten Innenfutter zusammengehalten und sorgt so für eine gute Wärmeleistung, der Wärmekragen und die Reißverschlussleiten sind mit G-Loft-Füllung ausgestattet.
Und was bedeutet das?Cuin ist eine Masseinheit für die Bauschkraft, soll heißen: je höher der Wert, desto größer die Wärmeleistung. Normale Schlafsäcke haben um die 500-700Cuin, Spitzenprodukte weisen Cuin-Werte von 700-800 auf. Somit verspricht der Carinthia Airpack im oberen Spitzenfeld angesiedelt zu sein. Die Füllkraft beschreibt also, wie schnell die Daunen nachdem sie komprimiert werden, wieder "aufstehen". Gemessen wird dies in Cuin (cubic inches). Hier wird nichts anderes gemacht als im Test die Daune mit einer Platte zusammengepresst und die Füllkraft anschließend gemessen. Als Beispiel: 500g Daune mit 700Cuin erzeugen nach Zusammendrücken mit einer 100g Platte beim aufbauschen ein Volumen von 200 Liter.
90/10? Dies bedeutet, in 100g Füllung sind 90g Daune und nur 10g Federn enthalten. Etwas Federn sollen natürlich enthalten sein, um die Daune zu stützen und die erwünschte Füllkraft zu erreichen.
Alles klar?
Der Wärmekragen und die Reißverschlüsse sind mit G-Loft Füllung ausgestattet. G-Loft ist eine hoch entwickelte Synthetikfaser, hier wurde die altbewährte GLT Faser weiterentwickelt. Diese bi-komponenten-Faser (zwei Rohstoffe mit unterschiedlichen Eigenschaften in einer Faser) entwickelt Carinthia schon seit den 80er Jahren. Die krause Faser (welche durch die unterschiedlich starke Ausdehnung der beiden Gewebe entsteht) bildet lockere Cluster, die ähnlich der Daune Körperwärme in unzähligen Lufträumen speichert. Der Vorteil: viel Bauschkraft für wenig Gewicht. Zusätzlich hat Synthetik den Vorteil, dass es keine Feuchtigkeit speichert und Atmungsaktiv ist und somit gerade im Mundbereich praktisch ist, da der Wärmekragen durch feuchte Atemluft nicht an Bauschigkeit verliert.
![]() |
Philip gefällt der Wärmekragen |
Der Wärmekragen hält die warme Luft am Oberkörper, der Kopf ragt also aus dem Schlafsack heraus. Hier kommt die Kapuze zum Einsatz, die sich durch den Schnitt sehr gut an die Kontur des Kopfes schmiegt und mit einem Band variabel enger gestellt werden kann.
![]() |
Raupenstadium: aktiviert |
Eine weitere Wärmeverlustquelle sind die Reißverschlüsse. Hier hat Carinthia ebenfalls vorgesorgt und die innen liegenden Reißverschlussleisten ebenfalls mit der G-Loft Füllung ausgestattet. Zusätzlich soll das Klemmschutzband verhindern, dass sich der Reißverschluss ins Material frisst. Eine äußere Abdecklasche soll verhindern, dass Feuchtigkeit von außen durch den Reißverschluss eindringt. Positiv zu vermerken habe ich, dass die Laschen sich wirklich nie in den Reißverschluss gefressen haben, auch wenns mal etwas dringend war, aus dem Schlafsack rauszukommen. Der Reißverschluss hat immer tadellos funktioniert, sich nie festgefressen oder geklemmt.
Für Luftlöcher kann der Reißverschluss auch von unten etwas geöffnet werden, das duale Reißverschlusssystem ist natürlich auch zum Zusammenzippen essentiell.
Positiv zu vermerken ist auch die Innentasche in Brusthöhe, die mit Klettverschluss funktioniert. Hier lassen sich Kleinigkeiten verstauen, die man auch des Nächtens leicht wieder finden kann.
KompatibilitätEin Pluspunkt ist, dass sich die Schlafsäcke von Carinthia zusammenzippen lassen, sofern man gegengleiche Reißverschlüsse besitzt (einmal L, einmal R).
Das korrekte Zippsystem haben wir aber noch nicht gefunden. Der Wärmekragen ist durch das Zusammenzippen nicht mehr so funktional (oder wir haben etwas falsch gemacht) und generell ist das Zippen nur etwas für ruhige Schläfer und Kuschler. Sobald einer der Schlafenden seine Position verändert, wird der Andere es mitbekommen. Gleiches gilt für nächtliche Klopausen. Hier muss immerhin ein Teil des Reißverschluss geöffnet werden, was den Partner ebenfalls der Kälte aussetzt.
Bei Temperaturen weit unter dem Limit ist das Zippen allerdings eine gute Option: zu Zweit ist's halt immer wärmer als alleine und vor allem der Aufwärmvorgang innerhalb des Daunenschlafsacks beschleunigt sich immens.
PflegeLagerung: Lass es bauschen, ist das Thema! Ein Daunenschlafsack sollte NIE im Packsack gelagert werden, zum Lagern erhält man von Carinthia Baumwollsäcke, die dem Schlafsack erlauben sich zu entfalten. Damit wird das Ding natürlich zu einem gigantischen Monster in der Lagerung (siehe Packmaß) und nimmt dementsprechend Platz weg. Dennoch: die Langlebigkeit der Daune ist nur so garantiert!
Am Beginn unserer Reise war der Schlafsack natürlich lange Zeit komprimiert, dies sollte aber vermieden werden. 10 Tage im Packsack haben ihm aber nicht geschadet.
Ebenfalls ein Tipp: nie rollen, sondern stopfen. Der Daunenschlafsack will in den Packsack gestopft werden, dies verhindert, dass die Kammern beschädigt werden und ist effizienter als die früher oft praktizierte "zusammenroll-Methode".
Reinigung: Allen Tipps voran: UNBEDINGT die Anweisung des Herstellers beachten, bevors ans Waschen geht!
Wichtig für das Waschen der Schlafsäcke ist: so wenig wie möglich waschen und wenn es sein muss, eine große Maschine zu wählen (mind. 6kg), damit der Schlafsack Platz hat und zudem eine gute Spülung gewährleistet ist.
Das Waschprogramm sollte Fein- oder Wollwaschprogramm sein, da hohe Wasserstände essentiell sind. Zwischenschleudern ist zudem gut für die Daune, denn wie gesagt: Spülung ist wichtig und noch wichtiger ist, das Waschmittel wieder aus der Daune zu bekommen! Extra Daunenwaschmittel sollte unbedingt verwendet werden.
Nun gehts weiter zum Trocknen! Dies ist fast noch wichtiger als der Waschvorgang, denn was die Daune ja wie schon erwähnt gar nicht mag ist: Feuchtigkeit. Daher also nie Daune ohne Trockner waschen. Am Besten trocknet man die Daune mit ein paar Tennisbällen mit im Trockner bei maximal 40°C. Achtung allerdings beim Transport zum Trockner: immer waagrecht halten, immer das Fußteil mit in die Hand nehmen, nie aushängen lassen. Es kann sonst die schwere nasse Daune dazu führen, dass die Kammern des Schlafsacks dem Gewicht nicht standhalten und reißen. Also am Besten: Schlafsack waagerecht und sachte in einen Korb legen und so transportieren.
Diese Anleitung ist natürlich auch für Daunenjacken oder andere Daunenprodukte gültig.
Einige Bergsport-Ausstatter bieten übrigens Reinigung für Daunenprodukte an; Globetrotter z.B. reinigt euren Daunenschlafsack für 60Euro.
Schlafsack gekauft, Komfort-Temperatur zu niedrig gewählt? Was nun?Da hat man einen Schlafsack zuhause, der wirklich gut ist, nur leider für den nächsten Einsatzzweck schon wieder nicht mehr reicht. So ist es uns ergangen. Es sollte ein -20°C Limit her, wir hatten aber für unsere Winternächte in den Alpen nur -7°C eingeplant (da meist in Winterräumen genächtigt wird). Jetzt wieder einen neuen Schlafsack für Peru zu kaufen, erschien uns etwas dekadent. Eine Notlösung musste her:
Schlafsack-Inlet, was bringt es wirklich?Wir hatten etwas Angst, dass es mit dem Airpack 900 unter Umständen zu kalt sein könnte, da es ja durchaus in Peru im Extremfall mal -20°C haben kann. Daher haben wir uns als Inlet den
Thermolite Reactor Extreme zugelegt, ein Schlafsackinlet, dass noch zusätzlich 14°C zum Schlafsack hinzufügen sollte.
Dass dieser Wert utopisch zu sein schien, haben wir uns gedacht, dennoch ist ein Inlet auch aus anderen Gründen von Vorteil:
- Es schützt den Schlafsack vor Schmutz und Körpergeruch (gerade bei Expeditionen ein nicht zu verachten wollender Faktor).-
- Zudem ist das Material eines Inlets meist oft angenehmer als die Shelltexmembran des Daunenschlafsacks.
Natürlich haben wir auch im Daunenschlafsack die lange Unterwäsche angehabt, dennoch ist uns aufgefallen, dass sich das Gesamtkonstrukt schneller erwärmt, wenn zusätzlich ein Inlet dabei ist und der Schlafsack an sich kuscheliger wird.
Wir können beim Thermolite Reactor natürlich jetzt keinen Wert angeben, um wie viel Grad der Schlafsack wärmer war, als ohne Inlet, da wir auch selten im Zelt eine exakte Temperaturmessung hatten (meist so um die -4°C, also noch weit im Rahmen des Airpack 900). Dennoch war es mit dem Inlet meist signifikant wärmer. Dies hat dazu geführt, dass wir oft mitten in der Nacht im Schlafsack aus dem Inlet geschlüpft sind.
Der Carinthia Airpack erwärmt sich relativ schnell, nach längerer Zeit ist mir aber aufgefallen, dass es erst so RICHTIG warm wird. Hier musste eine Lösung her: entweder den Wärmekragen auf und Hände raus oder das Inlet loswerden. Also war oft eine akrobatische Yogaübung vor dem Einschlafen: aus dem Inlet schlüpfen ohne aus dem Schlafsack zu schlüpfen.
Material: Thermolite 110g/m2
Schnitt: Schlafsack mit Kordelzug, Kapuze
Packmaß: 15x9,5cm
Gewicht: nicht ganz 400g
Maße: 210cm
![]() |
Packsack und das Inlet |
![]() |
Fühlt sich ein bisschen an wie eine Fleece-Baumwollmischung |
Das Inlet eignet sich natürlich im Single-Einsatz als Hüttenschlafsack und ist somit per se keine schlechte Investition, wenn auch für einen Hüttenschlafsack alleine relativ teuer und schwer (ca. 60Euro).
Ob es jetzt wirklich die versprochenen 14°C bringt oder nicht, können wir nicht wirklich sagen. Es fühlt sich weich an, das Material ist Fleece ähnlich, dennoch aber sehr dünn. Im Vergleich zu Seide ist das Inlet sicher wärmer, schwerer ist es halt aber auch. Wir werden die Inlets sicher noch des öfteren einem Test (vielleicht auch in Kombination mit dem Sommerschlafsack) unterziehen und berichten.